Bären und Kater

Je länger ich hier im Nationalpark bin, desto mehr werden mir hier die krassen Gegensätze bewusst.

Auf der einen Seite bin ich mitten in der Natur, habe mittlerweile schon 7 Bären gesehen und gewöhne mich langsam an das Wildleben hier. Es scheint mir sogar des Öfteren so, als dass nicht die Menschen hier die Regeln vorgeben, sondern die Tiere, da man des Öfteren Wanderungen abbrechen muss oder Wege aufgrund der Bärenaktivität gesperrt sind. Und ich bin auch sehr froh darüber, dass ich hier an einem Ort bin, wo den Tieren und der Natur zuliebe dem Menschen Grenzen aufgezeigt werden.

Auf der anderen Seite ist Banff für das Partyleben und den regen Tourismus bekannt. Gerade die Einheimischen feiern hier eher am Sonntag, so dass er auch als „Sunday Funday“ bekannt ist und ich öfters gefragt werde was ich für den Abend vorhabe.

So hab ich hier auch das erste Mal eine kanadische Party miterlebt, die sogar noch von meinem Arbeitgeber veranstaltet wurde. Mit sämtlichen Mitarbeitern hab ich somit im Restaurant gefeiert. Auch wenn die Kanadier was Alkohol angeht etwas strenger sind, wurde auf der Feier ähnlich gebechert wie in Deutschland und am nächsten Arbeitstag hatte die Hälfte der Mitarbeiter einen Kater. 

An einem meiner freien Tage bin ich als Tagesausflug dann auch nach Lake Louise gefahren, was wohl einer der bekanntesten Orte in den kanadischen „Rockies“ (Rocky Mountains) ist. Der See ist vor allem für seine wunderschöne türkisblaue Farbe bekannt, die durch das Schmelzwasser der Gletscher zustande kommt. Da ich an einem wunderschönen Sommertag am Lake Louise war, war der See nur so mit Touristen überfüllt, die natürlich alle ein Selfie vor dem See haben wollte und mir war der Trubel eindeutig zu viel. So bin ich bei einer Wanderung ein bisschen dem Trubel entkommen und hoch zu einem weiteren See gewandert auf dem sogar noch etwas Eis und umliegender Schnee zu sehen war. Ich hatte an dem Tag auf jeden Fall das Gefühl die schönen Farben der Seen nicht auf meinen Fotos einfangen zu können.

Da Banff auf einer Höhe von 1400 m liegt, kann das Wetter hier von dem einen auf den anderen Tag auch komplett umschlagen, sodass ich an einem Mittwoch noch 30 Grad genoss und am Samstag wieder Neuschnee in den Bergen lag, was zwar durchaus beeindruckend war, aber dennoch wollte ich einfach keinen Schnee mehr im Juni! Meine bisher größte Wandertour in Banff hab ich jetzt erst gestern mit zwei anderen deutschen Reisenden unternommen. Die 11 stündige Wandertour führte uns auf den Mount Roundle. Während der Anfang des Weges  noch angenehm durch den Wald führte und die Steigung durch die Serpentinen sehr erträglich war, wurde der Weg nachdem wir die Baumgrenze überwunden hatten eine echte Zumutung. Ehrlich gesagt gab es auch keinen richtigen Weg mehr. Der Anstieg ging jetzt nur über Geröll, Schotter und lose Steine und so dachte man im ein oder anderen Moment echt komplett abzuschmieren. Die ganze Mühe hat sich allerdings sehr bezahlt gemacht. Auf dem Gipfel angekommen, konnten wir bestaunen wie der Berg einfach als senkrechte Bergwand steil bergab ging und durch den gigantisch starken Wind, der da oben (2945m) wehte, taten wir besser daran uns hinzusetzen, um Unfälle zu vermeiden.

Jetzt ist mein Monat hier in Banff schon fast wieder vorbei und definitiv sehr schnell vergangen. Ich hab sowohl die Arbeit als auch die Freizeit hier genossen und bin froh darüber meine ursprünglichen Pläne geändert zu haben. Meine Zeit hier in Kanada neigt sich nun auch immer mehr dem Ende zu und so ist mein letzter Monat eher wieder etwas durchgeplanter. Nachdem ich am 1. Juli noch den „Canada Day“ hier in Banff feiern will, habe ich mir überlegt zusammen mit einer anderen deutschen Backpackerin, die ich auf der Arbeit kennengelernt habe, nach Jasper zu fahren und so nochmal im Jasper Nationalpark zu campen. Anschließend will ich mir noch die Städte Edmonton und Calgary angucken, bevor es für mich dann wieder nach Vancouver geht…

Zuhause im Nationalpark…

Mein erster Gedake als ich hier in Banff im Nationalpark mit dem Bus angekommen bin, war: Kanada wie aus dem Bilderbuch. Die schneebedeckten Berge der Rocky Mountains, Nadelwälder und unglaublich viele türkis-blaue Gletscheseen und Flüsse. Genauso wie man sich Kanada halt vorstellt und definitiv beeindruckend.

Am Ortsausgang von Banff

Von der Landschaft von völlig überwältigt, bin ich dann erstmal in die Touristeninformation gegangen, um mich über Mehrtageswanderungen und das Campen hier im Nationalpark zu informieren. Das Resultat war allerdings eher ernüchternd, da mir erklärt wurde, dass in den höheren Lagen dieses Jahr einfach noch zu viel Schnee liegt und daher einige Campingplätze und vor allem Wege noch geschlossen sind. So hat mir die Frau dann eher davon abgeraten hier Mehrtagestouren zu machen.

So werden mal wieder die ursprünglichen Pläne verworfen und Neue müssen her. Nachdem ich meine Sachen im Hostel abgeladen habe und ein bisschen durch die Straßen in Banff (eigentlich ist es nur eine lange Straße) gebummelt bin, bekam ich aber das Gefühl, dass ich hier gerne etwas länger bleiben möchte. Banff ist ein kleiner Ort mitten im Nationalpark, der vor allem im Sommer vom Tourismus lebt. Und so hat es auch nur einen Tag gebraucht, bis ich neue Pläne hatte. Auf gut Glück bin ich hier in Banff in die Old Spaghetti Factory gegannen, die es hier gibt und habe mich wieder als Busserin beworben. Nach circa 5 min hatte ich den Job, ohne ein richtiges Vorstellungsgepräch, da ich bereits Erfahrungen als Busserin in der Old Spaghetti Factory in Vancouver vorweisen konnte. Danach hab ich mich dann nach einer Unterkunft in Banf umgeschaut, was definitiv der schwierigere Part war. Da man im Nationalpark nicht mal ebenso neue Häuser bauen kann und der Platz der Stadt begrenzt ist, gibt es wenige und vor allem teure Angebote. Glücklicherweise habe ich jetzt aber für einen Monat einen Raum bei einem Ehepaar im Haus mieten können…und so kann ich jetzt stolz sagen, dass ich im Nationalpark wohne. Ein tolles Gefühl: Das erste Zimmer, was ich mir alleine miete und dann gleich in so einer tollen Umgebung.

Mein improvisierter Plan für den nächsten Monat sieht jetzt also so aus: Ich arbeite drei-vier Schichten in der Woche, um mir die Unterkunft zu leisten und die restlichen Tage mache ich Tageswanderungen und Ausflüge im Nationalpark.

Meine ersten Wandererfahrungen habe ich dann zusammen mit einem Arbeitskollegen Rik gemacht. Während wir uns munter unterhalten haben und die Landschaft genossen haben, sind wir dann plötzlich durch ein kratzendes Geräusch abgelenkt worden. Ungefähr 10 Meter neben uns versuchten gerade zwei kleine Bären einen Baum hochzukletter. So niedlich das jetzt auch klingen mag, zu spaßen ist mit so einer Situation nicht, da die Bärenmutter sehr aggressiv werden kann, wenn man sich so nah an ihren Jungen befindet. So haben wir uns schleunigst auf den Rückweg gemacht… Wir hatten beide nämlich weder Erfahrung mit so einer Situation noch Bärspray dabei. Es gibt also leider keine Fotos von den Bären aber im Nachhinein ist es beeindruckend, dass ich schon an meinem zweiten Tag im Nationalpark Bären gesehen habe. Wirklich Angst hatte ich nicht, aber definitiv großen Respekt.

Und nochmal Neuschnee-im Juni!

Auch in den folgenden Tagen bin ich so dem ein oder anderen wild lebenden Tier begegnet. Vor allem Elche sieht man hier viel und so bin ich sehr froh darüber, dass ich meine Pläne geändert habe und wenigstens auch nicht die ganze Zeit alleine wandere. Von der Arbeit aus, werden sogar manchmal Wanderungen innerhalb der Mitarbeiter*innen organisiert.

Auch wenn Banff als Ort selber relativ voll ist, vor allem von Touristen, muss man sich eigentlich nur ein paar Minuten von der Hauptstraße wegbewegen und schon ist man komplett alleine in grüner Natur und kann den Trubel komplett hinter sich lassen.

Neben den Wanderungen, die ich bisher alleine oder mit Rik (meinem Arbeitskollegen) gemacht habe, habe ich hier in Banff außerdem die Hot Springs besucht. Heutzutage sind sie allerdings eher als eine Art Pool ausgebaut und das Wasser ist bis zu 39 Grad warm. Nach langen Wanderungen oder Arbeitsschichten sind die Hot Springs aber genau der richtige Ort um zu entspannen und die Seele ein bisschen baumeln zu lassen.